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Chris Doyle: «Ich sollte in einem Badehaus leben».

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SLIDER_Chris_Doyle

Jeder Blick ist anders, und der Blick und das Leben von Christopher Doyle ziehen immer wieder besondere Aufmerksamkeit auf sich: Mit Chen Kaige, Yang Zhimou, Edward Yang, vor allem aber Wong Kar-Wai hat der 1952 geborene Australier gedreht. Unter den renommiertesten Regisseuren aus China, Hong Kong und Taiwan fehlt keiner. Aber weltweit ist der Director of Photography begehrt – was ihn jüngst auch für sein erstes szenisches Projekt nach Deutschland geführt hat (siehe unten).

In seiner Biografie ist noch zu lesen, er lebe in Hongkong. Ganz richtig ist das nicht, wie er uns Ende November im Interview bei Plus-Camerimage erzählte. Wir veröffentlichen hier einen Auszug des Gesprächs, der das anarchische Wesen des Kamerakünstlers gut zeigt. Im Interview, dass in unserer aktuellen Ausgabe 2/2013 erschienen ist, redet er dagegen ausführlich darüber, wieso ihm der Nachwuchs wichtig ist – und wieso junge Filmemacher auch das Tanzen nicht vergessen sollten.

Mister Doyle, Sie kommen viel herum in der Welt. Hier in Bydgosccz geben Sie sehr gut besuchte Master Classes. Direkt nach Ihrem Aufenthalt drehen Sie schon wieder. Haben Sie eigentlich ein Zuhause?

Ja. Sitz 32B, Cathay Pacific.

Bitte?

Flugzeuge sind mein Zuhause. Früher war es Hongkong. Ich lebte in der Wohnung, in der CHUNGKING EXPRESS (CN 1994) gedreht wurde. Wir haben drei oder vier Filme dort gedreht. Es stand sogar im Reiseführer, so berühmt war es geworden. Ich habe es geliebt, aber es war ein wirklich kleines Kabuff und kostete 2000 Dollar im Monat – mehr oder weniger für einen großen Raum. In einem Jahr war ich ganze fünf Tage dort! Also dachte ich mir, ich könnte für das gleiche Geld 150 Tage in einem 5-Sterne-Hotel verbringen. Aber ich bleibe ja nie ein halbes Jahr am gleichen Ort. Ich bin immer am Drehen, und da bezahlt jemand meine Unterkunft. Also ist es billiger, keinen Ort zu haben. Ich habe einen Assistenten in Hongkong, ich habe auch meine Sachen untergestellt. Aber mein wirkliches Atelier sind nun die Badezimmer von Hotels. Ich liebe Collagen, ich liebe es, zu malen und habe die Farben immer dabei. Ursprünglich habe ich in den Hotelzimmern gemalt und die Teppiche dabei schon einmal versaut. Einmal musste ich 2000 Dollar zahlen, weil der Teppichboden gewechselt werden musste. Also mache ich das jetzt in den Badezimmern. Ich werde oft gefragt, wieso meine Bilder nicht größer sind. Ich sage, geht nicht. Die Badezimmer sind nicht größer. Großformat ist da nicht drin.

Sie brauchen größere Badezimmer!

Genau. Ich sollte in einem Badehaus wohnen. Kann ich bitte im Badehaus wohnen für eine Woche? Das wäre was. Eine Frage: Können Sie mir mal erklären, warum so viele Studenten gestern meine Master Class sehen wollten? Das war zweimal voll.

Na, Sie vermitteln vor allem, dass alles möglich ist: Malereien in Badezimmern, Drehen auf engstem Raum. Sie ermutigen die Leute, vielleicht denken die sogar, Drehen ist leichter als gedacht.

Das ist okay, Fehler sind okay. Natürlich ist der Prozess nicht immer einfach. Aber viele Leute werden versuchen, dich zu entmutigen, auch weil sie Angst um ihren eigenen Ruf, ihre Jobs haben. Wir haben nun mal keinen stabilen Beruf. Ich weiß ja auch nicht, wo ich nächstes Jahr bin. Alles bewegt sich. Und um ehrlich zu sein, zu vielen Kids wird erzählt, dass sie viele Filme machen können. Das ist ein Geschäftsmodell: Ausbildung ist ein Geschäft. Jugendliche haben Träume, die nicht realistisch sind. Der einzige Weg um es zu tun, ist es zu leben. Das ist alles.

Was Chris Doyle sonst noch über Ausbildung, Filmschulen und seine prägenden Arbeiten zu sagen hat, lesen Sie im neuen FILM & TV-KAMERAMANN. Erzählt hat er uns dabei auch, warum ihn die Menschen in China Du Ke Feng nennen, was übersetzt “Wie der Wind” heißt. Zuletzt hat es ihn im Dezember übrigens nach Deutschland getragen. Von dem Projekt «Eine gute Geschichte» erzählt er im neuen Heft – und hier.

 

Und wer einen Blick auf sein berühmtes Apartment in Hongkong werfen will, schaue sich diesen amerikanischen Trailer an, der Ost und West verbindet. Wie Chris Doyle, der Asiate unter den westlichen Filmemachern:

 

 

Foto oben: Chris Doyle in Bydgoszcz, Polen, Ende November 2012.
© Sabine Felber

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Weitere Interviews – ganz oder in Auszügen – von Filmschaffenden finden Sie hier. Denn jeder Blick ist anders.


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